Neuübersetzungen von Literatur

Veröffentlichungen in viele Sprachen

Klassiker von weltbekannten Schriftstellern wie Goethe, Shakespeare, Jane Austen oder Bram Stoker wurden seit ihrer Veröffentlichung in unzählige Sprachen übersetzt. Heutzutage gibt es von jedem klassischen Werk– sei es Dracula, Stolz und Vorurteil oder Romeo und Julia – eine Vielzahl von Ausgaben, Editionen und Übersetzungen. Doch warum bemühen sich Verlage immer wieder, berühmte Klassiker als Neuübersetzungen auf den Markt zu bringen? In diesem Blogbeitrag erklärt das Kölner Übersetzungsbüro SATZGEWINN, wann Neuübersetzungen literarischer Werke sinnvoll sind und aus welchen Gründen Verlage Neutranslationen in Auftrag geben.

Sprache ist im ständigen Wandel

Um zu verstehen, weshalb Neuübersetzungen bei einigen Werken sinnvoll sind, ist es zunächst einmal wichtig zu wissen, was Neuübersetzungen genau sind. Meistens altern Übersetzungen einfach nicht gut. Sprache unterliegt einem ständigen Wandel. Oft hat sich die Sprache seit der Ursprungsübersetzung so sehr verändert, dass sich der Leser einfach nicht mehr in ihr wiederfindet und auch die Schriftsprache ist für ihn mitunter nicht mehr unbedingt verständlich. Und so ist es von Zeit zu Zeit von Nöten, die Übersetzung der jetzigen Sprache anzupassen. Ausdrücke wie etwa Oheim (Onkel) oder Base (Cousine) verstehen heute noch die Wenigsten.

Elisabethanisches Englisch und modernes Englisch

Das elisabethanische Englisch, das zu Shakespeares Zeiten gesprochen und geschrieben wurde, unterscheidet sich sehr stark von dem modernen Englisch. Schnell können Übersetzungsfehler entstehen. Ein Beispiel ist das Wort better aus Shakespeares Hamlet. Im Originaltext heißt es: I took thee for thy better. Wer nicht mit dem elisabethanischen Englisch vertraut ist, sondern nur mit dem derzeitigen, würde das Wort better mit besser übersetzen, und zu dem Übersetzungsresultat Ich hielt dich für besser kommen. Dies ist allerdings falsch und genau dieser Fehler ist János Arany in der ungarischen Übersetzung passiert. Ádám Nádasdy war von der Übersetzung seines Kollegen irritiert, was er zum Anlass nahm, sich ausgiebig mit der Hamlet-Originalfassung zu befassen. Er fand heraus, dass better in diesem Fall für den Ranghöheren, also dem König, stand. Aranys fehlerhafte Übersetzung machte Neuübersetzung notwendig:

Übersetzungen als Neuinterpretation

Es gibt unterschiedliche Gründe, weshalb zu bekannten Werken regelmäßige Neuübersetzungen herausgebracht werden. Besonders, wenn es sich um fremdsprachliche oder mittelalterliche Originaltexte handelt, häufen sich die Unterschiede, so dass es zu Schwierigkeiten im Textverständnis kommen kann. Das ist ganz normal. Vor allem, weil es viele Wörter gibt, die mehrere Bedeutungen haben können. Das deutsche Wort Ball zum Beispiel kann sich auf eine Tanzveranstaltung oder auf ein Sportgerät beziehen. Ein Grund sind also unterschiedliche inhaltliche Interpretationen. Häufig kommen mehrere Neuübersetzungen gleichzeitig heraus, weil ein Herausgeber den Originaltext anders interpretiert haben möchte und die Übersetzung demnach nicht mehr als zeitgemäß empfindet. Ein anderer Herausgeber möchten den Lesern zudem möglicherweise weitere Interpretationsmöglichkeiten aufzeigen.

Übersetzungen zur Fehlerbeseitigung

Ein Hauptgrund für Neuübersetzungen sind Fehler. Diese können sich auf deutliche Interpretationsfehler beziehen, aber auch auf Rechtschreib– oder Grammatikfehlern innerhalb der vorherigen Übersetzung herrühren. 1957 übersetzte Miklós Zigány zum ersten Mal Der kleine Prinz. Sein Ergebnis galt jedoch als nicht zufriedenstellend, weshalb 1970 György Rónay eine Neuübersetzung herausbrachte.

Übersetzungen werden von Gesellschaftspolitik beeinflusst

Political Correctness ist heute auch beim Übersetzen gefragt. Das N-Wort benutzt hoffentlich heute keiner mehr. Niemand sollte im Jahr 2023 aufgrund seiner sexuellen Orientierung, Hautfarbe, Gewicht oder Geschlechts benachteiligt oder diskriminiert werden. Leider ist diese politisch inkorrekte Ausdrucksweise in älterer Literatur an der Tagesordnung. Und so bedarf es das Fingerspitzengefühl des Übersetzers die Neuübersetzung so zu gestalten, dass sich niemand gekränkt fühlt.

Übersetzungen der Klassiker

Goethes Die Leiden des jungen Werther(s) wurde im Original auf Deutsch verfasst. Kurz darauf folgten Übersetzungen in die russische und französische Sprache und bald darauf erschien der Briefroman auch auf Englisch. Schon im 18. Jahrhundert waren literarische Übersetzungen Gang und Gäbe. Goethe traf mit seinem Briefroman nicht nur den Nerv einer neuen Zeit, sondern schrieb auch über die damals sehr kontroversen Themen Liebeskummer und Selbstmord bei jungen Männern. Beide Themen waren auch außerhalb des deutschen Sprachraums aktuell und boten oft Anlass zur Diskussion, die zahlreichen Übersetzungen des jungen Werther(s) waren eine logische Konsequenz daraus. Zudem folgten über die Jahrhunderte einige Neuübersetzungen innerhalb der deutschen Sprache. Wer recherchiert; findet sowohl Ausgaben des 18. Jahrhunderts als auch neue Übersetzungen. Im Februar 2022 ist eine illustrierte Ausgabe erschienen. Doch warum ist das so? Welches Interesse haben Verlage daran, regelmäßig Neuübersetzungen herauszubringen?

Neuübersetzungen aufgrund weggefallener Urheberrechte

Ein ganz einfacher Grund für Neuübersetzungen ist der finanzielle Aspekt. Der Urheber eines Textes muss mindestens 70 Jahre tot sein, damit die Urheberrechte verfallen und andere Personen den Text bedenkenlos verwenden können. Ist der Verfasser des Originaltextes seit 70 Jahren tot, kann jeder, der die Ausgangssprache auf Muttersprachler-Niveau beherrscht, eine Neuübersetzung herausbringen. Dies ist häufig günstiger als sich an einer Übersetzung zu orientieren, dessen Urheber weniger als 70 Jahre tot ist.

Hamlet als Negativ-Beispiel

Es gibt also viele Gründe, weshalb jemand eine Neuübersetzung eines literarischen Werkes veröffentlicht. Manche dieser Gründe sind sinnvoll und nachvollziehbar. Dazu zählt das Hamlet-Beispiel mit der Fehlübersetzung von better. Wurde ein Wort nachweislich falsch übersetzt und ist somit möglicherweise eine Szene inhaltlich falsch interpretiert, sollte eine Neuübersetzung erscheinen. Ebenso wenn sich die Sprache seit der letzten Übersetzung deutlich gewandelt hat oder Fehler bei Rechtschreibung und Grammatik vorliegen, ist es Zeit für eine neue Übersetzung.

Neuübersetzung als Herausforderung

Weniger sinnvoll sind Neuübersetzungen, wenn sie als eine Art Herausforderung gesehen werden. Dies passierte mit Heideggers Werk Sein und Zeit, das insgesamt elf Mal ins Japanische übersetzt wurde, aus dem einfachen Grund, dass zuvor Experten behauptet haben, dass eine Übersetzung unmöglich sei.

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