Britcoms: Ricky Gervais und Stephen Merchant

Großbritannien hat uns nicht nur in den Bereichen Mode, Coolness und Lifestyle einiges voraus, sondern vor allem in puncto Humor – nicht umsonst ist dieser legendär. Wo der deutsche Humor bemüht und plump ist und nur wenig Überraschungsmomente bietet, ist der britische Humor makaber, politisch inkorrekt und voller Sprachwitz. Sicherlich treffen Britcoms wie Little Britain, Black Books oder die IT Crowd nicht jedermanns Geschmack, über jeden Zweifel erhaben jedoch sollten mittlerweile Ricky Gervais und Stephen Merchant sein, die sich in den letzten 10 Jahren zu Recht den Ruf als Comedy-Genies erarbeitet haben.

Gervais und Merchant zeichnen für Drehbuch und Regie von „The Office“ verantwortlich und begründeten mit dessen Realisierung gleich ein neues Genre – die Fake-Documentary, auch Mockumentary genannt. Den deutschen Zuschauern dürfte die hiesige Version von „The Office“, „Stromberg“ bekannt sein, die aber – wie so oft – nicht an das Original heranreicht. Gervais und Merchant sind feine Beobachter menschlicher Schwächen und Abgründe, im deutschsprachigen Raum vielleicht am ehesten mit Vicco von Bülow vergleichbar.

The Office

Englische Provinz, Papierbranche. David Brent, ein gnadenlos an Selbstüberschätzung leidender Regionalleiter, versucht fortwährend, sich bei seinen Mitarbeitern beliebt zu machen, ist dabei aber in seiner Selbstwahrnehmung so begrenzt und erreicht einzig das Gegenteil. Kein Fettnäpfchen wird ausgelassen, verbale Entgleisungen, unbeabsichtigte sexistische, rassistische oder andere politisch inkorrekte Bemerkungen sind an der Tagesordnung. Hilarious! („The Office“ wurde in 70 Länder verkauft und in sieben Ländern adaptiert. )

Extras

Das zweite Projekt der beiden Briten ist ebenso originell wie komisch. Im Mittelpunkt stehen hier Statisten an Theater- und Filmsets. Andy Millman (Gervais), vertreten durch seinen unterirdisch schlechten, halbtags als Handy-Verkäufer tätigen Agenten Derek Lamb (Merchant), durchlebt die Höhen und Tiefen der Branche. Dabei sind Auftritte bekannter Stars, an deren jeweiligen Filmsets Andy Millman als Extra arbeitet, der Clou. Schauspieler wie Robert De Niro, Kate Winslet oder David Bowie spielen entgegen ihres sonstigen Image und beweisen mit ihren Auftritten Humor und Selbstironie. So outet sich beispielsweise Orlando Bloom als eitler Schönling, der in Jonny Depp seinen größten Konkurrenten sieht, Daniel Radcliffe als sexuell unausgeglichenes Muttersöhnchen und Clive Owen als arroganter Sexist. Besonders lustig ist George Michaels Auftritt, mit dem er seine eigene Sex-in-öffentlichen-Toiletten-Historie aufs Korn nimmt. Wie schon bei The Office gehen Gervais und Kollegen auch bei Extras wieder bis an die Schmerzgrenze und darüber hinaus. Die Figuren leisten sich Peinlichkeiten, die den Zuschauer innerlich zusammenzucken lassen – und immer, wenn man denkt, die Fremdscham könne nicht mehr größer werden, geben sie sich die nächste Blöße.

Life’s too short

Gervais und Merchants dritte Serie „Life’s too short“ wird demnächst auf BBC2 ausgestrahlt. Auch die Freude auf Smerchs (wie er von seinen Fans genannt wird) baldige erste Stand-up-Tournee in Großbritannien ist groß.

Es ist ebenso schade wie verwunderlich, dass es UK-Serien so schwer in Deutschland haben. US-amerikanische schaffen es zumeist öfter – und sei es auch nur als importierte DVD-Box – ins heimische Wohnzimmer. Für uns als Untertitel-Übersetzer wäre es natürlich ein Traum, einmal eine Britcom wie Extras, the Office oder Life’s too short übersetzen zu dürfen – Anfragen der BBC sind also herzlich willkommen! (Die von HBO, AMC, ABC usw. allerdings auch.)