Ständige Sprachanpassung ist erforderlich
Sprache verändert sich ständig. Und vor allem im Rahmen der Globalisierung und des immer schneller werdenden technischen Fortschritts sind regelmäßige Anpassungen unserer Sprache an die äußeren Gegebenheiten unerlässlich. Trotzdem muss Sprache eindeutig und für alle gleichermaßen zu verstehen sein – gerade, wenn es um offizielle Dokumente, Mitteilungen und Gesetze geht. Deswegen sorgt der Rat für deutsche Rechtschreibung, umgangssprachlich auch als Rechtschreibrat bekannt, für verbindliche Regelungen rund um die Rechtschreibung und den Gebrauch der deutschen Sprache.
Internationaler Arbeitskreis für Orthographie
Bereits Anfang der 1980er Jahren gab es erste Bestrebungen, die historisch gewachsene und dadurch uneinheitliche und komplizierte Rechtschreibung in der deutschen Sprache zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Dafür arbeiteten 80 Germanisten aus der BRD, DDR, Österreich und Schweiz im „Internationalen Arbeitskreis für Orthographie“ zusammen. Zusammen mit weiteren Institutionen erarbeiteten diese Vorschläge für eine Rechtschreibreform, die schließlich auf mehreren Konferenzen diskutiert und angenommen wurden.
FAZ kehrte zunächst zur alten Rechtschreibung zurück
Die Einführung erfolgte schließlich zum 1. August 1998 mit einer Übergangsphase bis zum 31. Juli 2005. Während dieser Zeit sollte die zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung die Umsetzung der Rechtschreibreform begleiten und bei Problemen Anpassungen vornehmen – eine Möglichkeit, von der sie rege Gebrauch machen musste, weil viele der neuen Regeln für Unmut bei Verlagen, Lehrkräften und anderen Institutionen, die sich mit der korrekten Rechtschreibung beschäftigen, sorgten. So kehrten zum Beispiel die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), die Axel Springer AG und der Spiegel-Verlag vorübergehend wieder zu alten Rechtschreibung zurück. Die Rechtschreibreform drohte durch fehlenden Rückhalt in der Bevölkerung zu scheitern.
Rechtschreibung im deutschen Sprachraum
Da die zwischenstaatliche Kommission von Anfang an nur für eine begrenzte Zeit eingesetzt worden war, die Umsetzung der Rechtschreibreform aber noch keinesfalls abgeschlossen war, beschloss die Kultusministerkonferenz mit dem Rat für deutsche Rechtschreibung einen Nachfolger zu schaffen. Die Gründung folgte im Dezember 2004. Anders als bei der zwischenstaatlichen Kommission ist seine Tätigkeitsdauer nicht begrenzt oder auf eine bestimmte Art von Rechtschreibreform begrenzt – auch wenn seine Hauptaufgabe zunächst darin bestand, zwischen Befürwortern und Kritikern der Rechtschreibreform zu vermitteln. Als seine Hauptaufgabe ist in der Satzung des Rechtschreibrats „die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum bewahren und die Rechtschreibung auf der Grundlage des orthografischen Regelwerks im unerlässlichen Umfang weiterentwickeln“ angegeben.
Entwicklung der deutschen Sprache
Bei der Besetzung des Rats für deutsche Rechtschreibung wurde bewusst darauf geachtet, sowohl Befürworter als auch Kritiker der beschlossenen Rechtschreibreform zu berücksichtigen. Dadurch bildet der Rechtschreibrat verschiedene Meinungen und sowohl einen wissenschaftlichen als auch einen praktischen Blick auf die Verwendung und Entwicklung der deutschen Sprache ab. Seine Gründung war damit auch ein besänftigendes Angebot an rechtschreibreformkritische Organisationen und Verlage, die die Änderungen lange abgelehnt und boykottiert hatten. So gehörten zu den Gründungsmitgliedern unter anderem Sprachwissenschaftler und Germanisten vom Institut und der Gesellschaft für Deutsche Sprache, aus der Dudenredaktion sowie Schriftsteller, Journalisten und Verleger. Bei seiner Gründung setzte sich der Rat für deutsche Rechtschreibung aus Vertretern und Vertreterinnen aus folgenden Staaten zusammen:
• Deutschland: 18 Ratspersonen
• Österreich: 9 Ratspersonen
• Schweiz: 9 Ratspersonen
Außerdem entsendet Luxemburg einen Vertreter, der allerdings nicht stimmberechtigt ist. Seit der Gründung kamen zudem jeweils eine Person, die Südtirol, die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens und Liechtenstein vertreten, hinzu. Mit seinem Vorsitzenden umfasst der Rat für deutsche Rechtschreibung somit derzeit insgesamt 41 Mitglieder, von denen 39 stimmberechtigt sind. Für Beschlüsse ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die Mitarbeit im Rechtschreibrat erfolgt dabei ehrenamtlich
Den Vorsitz des Rats für deutsche Rechtschreibung
übernahm zu Beginn der CSU-Politiker und ehemalige bayerischer Kultusminister Hans Zehetmair. Als Vorsitzender war er allerdings nicht stimmberechtigt. Nach einer Wiederwahl wurde Zehetmair 2017 von Josef Lange abgelöst. Der ehemalige Staatssekretär aus dem niedersächsischen Kultusministerium ist außerdem im Hörfunkrat und Programmausschuss des Deutschlandradios vertreten und Mitglied mehrerer Hochschulräte.
Institut für deutsche Sprache in Mannheim
Der Rat für deutsche Rechtschreibung tritt mindestens zweimal jährlich an seiner Geschäftsstelle am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim zusammen. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Seine eigentliche Arbeit erfolgt allerdings nicht in den Sitzungen, sondern in gesonderten Arbeitsgruppen. Diese sprechen anschließend in den Sitzungen Empfehlungen aus. Diese werden bei Zustimmung in den Bericht des Rechtschreibrats übernommen. In diesen Berichten fasst der Rat für deutsche Rechtschreibung seine Vorschläge für Anpassungen seines Regelwerks und die Entwicklung der deutschen Rechtschreibung begründet zusammen.
Revision zur Getrennt- Zusammenschreibung
Vor allem in den ersten Jahren nach seiner Gründung war der Rat für deutsche Rechtschreibung sehr aktiv. Das lag daran, dass die Vertreter die strittigen Fragen der Rechtschreibreform von 1996 neu diskutierten und Änderungsvorschläge erarbeiteten. So verabschiedete der Rechtschreibrat im Juni 2005 einen Vorschlag zur Revision der Getrennt- und Zusammenschreibung, die damit weitgehend wieder zur ursprünglichen Rechtschreibung vor der Reform zurückkehrte. Im November erfolgten Vorschläge zur Worttrennung am Zeilenende und zur Zeichensetzung. 2006 folgten Korrekturvorschläge zur Groß- und Kleinschreibung. Alle drei Vorschläge wurden Ende März 2016 von der Politik angenommen und traten zum 1. August 2006 in Kraft
Große Verlagshäuser folgten der revidierten Reform
In seiner zehnten Sitzung im Juni 2007 erklärte der Vorsitzende die intensive erste Arbeitsphase des Rats für deutsche Rechtschreibung als beendet. Einerseits beschloss der Rechtschreibrat bei dieser Sitzung keine weiteren Änderungen am Regelwerk. Andererseits folgten mittlerweile alle großen Verlagshäuser der revidierten Reform, sodass die neuen Rechtschreibregeln nun mit etwas Verspätung in der Mitte der Gesellschaft angekommen waren und dort auch weitestgehend akzeptiert sind.
Rechtschreibrat kann die Schreibweise selbst anpassen
Seinen nächsten Bericht legte der Rat für deutsche Rechtschreibung 2010 vor. In diesem regte er an, kleinere Anpassungen am Regelwerk zukünftig selbst durchführen zu dürfen. Die Kultusministerkonferenz stimmte diesem Vorschlag zu. Seitdem kann der Rechtschreibrat die Schreibweise einzelner Wörter selbstständig anpassen. Infolge veröffentlichte der Rat für deutsche Rechtschreibung 2011 ein entsprechend modifiziertes Regelwerk.
Möglichkeiten des Genderns
Während der dritte Bericht des Rats für deutsche Rechtschreibung 2016 neben der Einführung des ß als Großbuchstaben nicht viel Neues brachte, bekam der vierte Bericht 2021 viel Aufmerksamkeit. In ihm befasst sich der Rechtschreibrat mit den verschiedenen Möglichkeiten des Genderns (Asterisk als Gender-Stern, Unterstrich als Gender-Gap, Doppelpunkt und andere Verkürzungen). Zwar erkannte er die Notwendigkeit, alle Menschen gleichermaßen zu adressieren, an. Die Aufnahme von Genderzeichen in das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung empfahl er zum aktuellen Zeitpunkt allerdings nicht. Dabei stellte er auch die an vielen Hochschulen schon etablierte und von den Studierenden geforderte Verwendung von Gendersternchen infrage.
Empfehlungen zur geschlechtergerechten Schreibung
Bereits in seinen „Empfehlungen zur geschlechtergerechten Schreibung“ vom November 2018 stellte der Rat für deutsche Rechtschreibung sechs Kriterien als Grundlage für eine geschlechtergerechte Schreibung auf. Danach sollen geschlechtergerechte Texte:
1.sachlich korrekt sein
2. verständlich und lesbar sein
3. vorlesbar sein
4. rechtssicher und eindeutig sein
5. übertragbar in andere Sprachen sein
6. die Konzentration auf die wesentlichen Sachverhalte und Kerninformationen ermöglichen.
Dazu, wie dies erfolgen soll, hat der Rechtschreibrat bisher aber keine Empfehlungen oder Vorschläge gemacht.
Deutsche Rechtschreibung. Regeln und Wörterverzeichnis
Das amtliche Regelwerk von 2006, das die neue Rechtschreibreform sowie die drei vom Rat für deutsche Rechtschreibung angeregten Änderungen enthält, ist unter dem Namen „Deutsche Rechtschreibung. Regeln und Wörterverzeichnis“ im Gunter Narr Verlag Tübingen erschienen. Alle aktuellen und früheren Fassungen sind außerdem auf der Internetseite des Rats für deutsche Rechtschreibung abrufbar.
Das sechsteilige Regelwerk
Das aktuelle amtliche Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung von 2018 ist zusätzlich online abrufbar. Es wurde vom Institut für Deutsche Sprache in Mannheim in das digitale Informationssystem „Grammis“ integriert. Somit steht es jedem jederzeit zur Verfügung. Dabei besteht es aus einem einleitenden Vorwort, einem Regelteil mit sechs Teilbereichen und einem Wörterverzeichnis. Der sechsteilige Regelteil besteht aus folgenden Abschnitten:
1. Laut-Buchstaben-Zuordnungen
2. Getrennt- und Zusammenschreibung
3. Schreibung mit Bindestrich
4. Groß- und Kleinschreibung
5. Zeichensetzung
6. Worttrennung am Zeilenende
Korrekte Schreibweise von Fremdwörtern
Das Wörterverzeichnis am Ende behandelt vor allem die korrekte Schreibweise von Fremdwörtern. Aber auch andere Begriffe, die sich nicht eindeutig aus den allgemeinen Rechtschreibregeln ableiten lassen, sind hier aufgeführt. Die Bereitstellung des Regelwerks online erlaubt dabei Verlinkungen auf die entsprechenden Regeln, die die aufgeführten Schreibweisen untermauern. Auf seiner Webseite präsentiert der Rat für deutsche Rechtschreibung in der Rubrik „Fragen und Antworten“ ergänzend zum amtlichen Regelwerk einige häufige Rechtschreibfragen und -probleme.
Rechrschreibreform verpfichtend für amtlichen Schriftverkehr
Die im amtlichen Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung festgehaltenen Regeln und Schreibweisen bilden die deutsche Normsprache ab. Dementsprechend ist die dort geregelte Rechtschreibung bindend für alle offiziellen Schreiben und Veröffentlichungen. Auch der amtliche Schriftverkehr auf Bundes- und Landesebene ist verpflichtet, sich an das Regelwerk zu halten. Durch die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz bildet das Regelwerk außerdem die verbindliche Grundlage für den Unterricht an allen deutschen Schulen, einschließlich Privatschulen.
Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung
Zwar handelt es sich bei Universitäten und deren Angestellten auch um Beschäftigte der Bundesländer, die entsprechenden Vorschriften folgen müssen. Durch die im Grundgesetz garantierte Wissenschaftsfreiheit sehen viele Hochschulen allerdings die Möglichkeit, vom Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung abzuweichen – vor allem, was verschiedene Schreibweisen zum Gendern angeht.
Empfohlene Schreibweise des Dudens
Verlage arbeiten für ihre Veröffentlichungen in der Regel mit einem verlagsinternen Regelwerk für Rechtschreibung. Diese beruhen allerdings größtenteils auf dem amtlichen Regelwerk und enthalten nur selten kleinere Abweichungen von den dort festgelegten Schreibweisen. Häufiger geht es bei den Verlagsregelwerken darum, bei mehreren korrekten Schreibweisen immer die gleiche zu verwenden und dadurch eine verlagsweit einheitliche Rechtschreibung zu erreichen. Häufig folgen die Verlage dabei den empfohlenen Schreibweisen des Dudens.
Duden als standardisiertes Nachschlagewerk
In der breiten Bevölkerung sind der Rat für deutsche Rechtschreibung und sein Regelwerk weitestgehend unbekannt. Die meisten Menschen sehen stattdessen den von der Berliner Cornelsen Gruppe erarbeiteten und herausgegebenen Duden und dessen Internetauftritt als standardisiertes Nachschlagewerk an. Einerseits ist der seit 140 Jahren erscheinende Duden tiefer im Gedächtnis verankert. Andererseits sind die in ihm veröffentlichten Regeln zur deutschen Rechtschreibung verständlicher formuliert als die des amtlichen Regelwerks.
Dudenredaktion folgt dem amtlichen Regelwerk
Tatsächlich folgt die Dudenredaktion dem amtlichen Regelwerk und den durch es vorgegebenen Schreibweisen. Darüber hinaus gibt sie bei mehreren korrekten Schreibweisen aber auch eine empfohlene Rechtschreibung an. Im offiziellen Regelwerk bestehen die verschiedenen Schreibweisen hingegen gleichwertig nebeneinander.
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